Segen für die Heiler
Südafrika erkennt die traditionellen “Sangomas“ an Kräuter, Wurzeln und Beschwörungen sollen künftig
in Südafrika ins Gesundheitswesen Eingang finden. Einen entsprechenden
Gesetzesentwurf, der die Leistungen traditioneller Heiler anerkennt, hat nun
das südafrikanische Parlament verabschiedet. Das Gesetz verpflichtet die so
genannten “Sangomas” allerdings zur Respektierung von Mindestnormen. JOHANNESBURG - Unterschiedlicher als Dr. Jaines
Thodd und Jabu Mutsuleli können Mediziner kaum aussehen. Mit Brille und im
strahlend weißen Kittel, mit umgehängtem Stethoskop im klinisch sauberen
Behandlungsraum der eine, ein Leopardenfell umgehängt und eine Kette aus
Löwenzähnen um den Hals, in der staubigen Hütte praktizierend der andere. Thodd
nennt sich Arzt, Mutsuleli hingegen Sangoma. Doch beide tun das Gleiche: Sie
heilen Menschen. Während in Südafrika Ärznte Gesetze und Vorschriften
existierten, agierten die Heiter bisher im rechtsfreien Raum, von vielen
Weißen als Scharlatane beargwöhnt. Doch dabei gehen in Südafrika drei von vier
Einwohnern zum Sangoma und nur einer zum Arzt. Nun hat Südafrikas Parlament
einstimmigem ein Gesetz verabschiedet, das erstmals auch das Wirken der Heiler
wie Mutsuleli anerkennt und reguliert. Die auf etwa 200000 geschätzten Sangomas in
Südafrika werden sich, um weiter praktizieren zu können, von einem “Rat der
traditionellen Heilpraktiker‘, der sich aus ihresgleichen und aus Ärzten
zusammensetzt, prüfen lassen müssen. Nur mit einer Lizenz, ähnlich der eines
Arztes, dürfen die Sangomas künftig praktizieren. Damit soll Ordnung ins Land
kommen. Auch ein Zentrum für traditionelle Medikamente wird demnächst
entstehen. Es soll die Effektivität und Sicherheit von Kräutern, Wurzeln und
Säften untersuchen.
Beachtlicher Umsatz“Die
Natur ist so reichhaltig, wenn man sie zu nutzen weiß ‚ meint Jabu Mutsuleli. “Es gibt
über 20000 wirksame Pflanzen, die wir sorgsam aussuchen und mischen.“ Für ihn
sind Kopfschmerz- und Schlaftabletten aus der Apotheke tabu. “Dieses Kraut
hier hat die gleiche und sogar noch eine bessere Wirkung gegen Kopfschmerzen,
und mit dieser Wurzel hier kann ich Schlaflosigkeit kurieren. Und es gibt
keinerlei Nebenwirkungen.‘ Auf den Märkten, aber aber auch in vielen
Geschäften Siidaftikas, sind die Wundermittel zu haben. Pro Jahr ist dies ein
Umsatz von rund einer Viertelmilliarde Euro.
Aber
Knochenwerfen, Beschwörungsfonneln und wabernder Weihrauch gehören für
Mutsuleli und seine Kollegen auch zur Behandlung der Patienten. Denn die
Sangomas setzen auf die holistische Heilung, das heißt, sie beziehen die Psyche
des Kranken ein und vertrauen nicht allein, wie sie die Ärzte westlichen
Musters kritisieren, auf chemische Keulen. “Die Leute müssen an die Medizin
glauben”, erklärt Mutsuleli. “Damit konzentrieren sie auch ihren Körper auf die
Krankheit und deren Heilung”. Es kommt noch eines hinzu: Wenn er dem Patienten
androht, daß seine Ahnen sehen, wenn er die vorgeschriebenen Mittel nicht zur
vorgeschriebenen Zeit einnimmt, dann wird dieser sehr diszipliniert sein — mehr als beim Arzt.
Daher erhofft sich das südafrikanische
Gesundheitsministerium vom neuen Gesetz auch eine Einbeziehung der Sangomas in
die Bekämpfung der weit verbreiteten Tuberkulose und von
Geschlechtskrankheiten. Nur, so die Regelung, Aids und Krebs dürfen die
traditionellen Heiler nicht behandeln, sondern müssen die Patienten an einen
“richtigen‘ Arzt überweisen. Zumindest, solange. kein Kraut dagegen gefunden
ist.
Zudem
erhofft sich der Staat durch die Anerkennung und Eingliederung der
traditionellen Heiler ins nationale Gesundheitssystem eine Entlastung der
staatlichen Kliniken. Denn dort drängen sich die Patienten und warten nicht nur
stunden-, sondern oft tagelang auf eine Behandlung, weil es an Ärzten und
Krankenschwestern fehlt. Diese wandern auf Grund deutlich besserer Bezahlung
nach Großbritannien, den USA, Kanada und Neuseeland aus. Allein in diesen vier
Ländern arbeiten bereits 11 000 südafrikanische Ärzte, ermittelte die
Johannesburger SundayTimes. Da in Südafrika selbst nur noch 32000
Ärzte — für über 40 Millionen Einwohner — tätig sind, hat das Kapland ein
Viertel der Zunft verloren.
Quelle: Nürnberger Nachrichten
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